In memoriam

Inspirierend, weltgewandt, charismatisch fröhliche Grunddisposition – Horst-Henry Geerken erfüllte all das

Horst-Henry Geerken

13. August 1933 – 23. Februar 2023

Es gibt Zeitgenossen, die inspirieren.

Auf Grund ihrer Weltgewandtheit, ihres Lebenswerks, ihres Charismas, ihrer fröhlichen Grunddisposition. Horst-Henry Geerken erfüllte alle Kriterien. Und er besaß genügend Neugier, Abenteuersinn und Mut, um Chancen zu erkennen und Neuanfänge zu wagen. Er habe eigentlich immer Glück gehabt im Leben, war sein Credo. Dieses Glück wusste er für sich und andere zu gestalten. Horst-Henry war einer der positivsten Menschen, die uns je begegneten; er verbreitete Freude, Lust und Energie. Dabei hatte er tausend Dinge zu erzählen, sprudelte vor Ideen, verschenkte Tipps und besaß einen Fundus an Wissen. Er war ein viel geschätzter Freund, lokal und international. 

Von einem kosmopolitischen Elternhaus ermutigt, machte sich Horst-Henry schon als junger Ingenieur-Student für ein Praktikum als Textilingenieur in die Türkei auf, obwohl sein Schwerpunkt eigentlich die Telekommunikation war. Dort arbeitete er sich so erfolgreich ein, dass sich weitere Aufenthalte anschlossen und seine Innovationen lange Jahre lang Anwendung fanden. Nach einem Aufbaustudium und erster Anstellung in den USA ließ er sich als Nachrichtentechniker von der AEG-Telefunken nach Jakarta anwerben, wo er 18 Jahre lang blieb (und u.a. am Bau des neuen Flughafens in Denpasar beteiligt war). Diese Zeit begründete sein lebenslanges Interesse für Südostasien, seine Causa und zweite Heimat. Eine Tochter, Regina Permata, wurde geboren; später siedelte die Familie über nach Australien. Dann zog es Horst-Henry zurück nach Deutschland, von wo er auf seine vielen Reisen aufbrach. 

Und er begann zu schreiben. Sein ‚Klassiker‘, Der Ruf des Geckos (2009), erzählt Indonesiens schwierigen Weg in die Unabhängigkeit und Horst-Henrys Freundschaft mit Sukarno und anderen Akteuren jener Epoche. Ein weiteres autobiographisches Buch, Missbrauchte Kindheit (2011), reflektiert seine Jugendzeit im Nationalsozialismus und den Kriegsjahren. 

Es folgen Reiseberichte, teilweise in Kooperation mit seiner Lebensgefährtin, Annette Bräker: Indonesien Gestern und Heute, außerdem Der Karakorum Highway und das Hunzatal (beide 2016), in denen er kulturhistorische Inhalte mit seinen Reiseerlebnissen verwebt. Auch die Geschichtensammlung Ein Bule in Indonesien (2021) diskutiert eigene Erfahrungen und die anderer Expats. Einen sehr reizvollen Perspektivwechsel beinhaltet sein Buch, Eine Balinesin in Deutschland und Ein Deutscher in Bali (2019), in dem er Innensicht mit Außenwahrnehmung kontrastiert. 

Internationale Anerkennung findet seine siebenteilige Reihe, Hitlers Griff nach Asien. Für den ersten Band (2015) führte er umfangreiche Materialrecherche in deutschen und indonesischen Archiven durch, vor allem in der Nationalbibliothek und dem Nationalarchiv von Jakarta. Nachdem dieses Buch auch auf Bahasa, Englisch und Japanisch erschienen war, bildeten weitere Zeitzeugenberichte und authentische Dokumente über das Leben von Auslandsdeutschen die Basis für die Folgebände 2 bis 7. Bald war er gefragter Interview-Experte in deutschen, indonesischen und niederländischen Dokumentarfilmen zur Aufarbeitung der Kolonialzeit in Südostasien. 

Eine Reise zu den Inseln in der Banda-See lässt ihn erneut eine indonesische Perspektive auf die koloniale Vergangenheit einnehmen. In Das Gold der Bandas. Die Geschichte der Muskatnuss (2019) berichtet er detailliert von Handelsrouten und den Machenschaften der VOC. 

Als passionierter Funkamateur veröffentlicht Horst-Henry immer wieder Artikel in Fachzeitschriften (z.B. im Magazin des Deutschen Amateur-Radio-Club, CQ DL) und schreibt ein Buch über die erste Funkverbindung zwischen Java und Holland, Die Funkstation Malabar (2022). 

Er war langjähriges aktives Mitglied der Walter Spies Gesellschaft Deutschland und der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft, Köln. Auf Bali war er gefragter Salsa-Tänzer und swingte sich mit seinen drei Enkeln in Australien in das Jahr 2023 hinein. 

Im Februar haben wir ihn nun verloren, fast 90-jährig

Friendship is far more tragic than love. It lasts longer. (Oscar Wilde)

Cornelia Biegler-König
Walter Spies Gesellschaft Deutschland